DDR Kunststoffe im Design

Ein Forschungsprojekt zu Material, Technologie und Restaurierung
Klaus Kunis, Gießkannen, VEB Glasbijouterie Zittau, 1960.
Foto: Die Neue Sammlung

Die Restaurierungsabteilung der Neuen Sammlung – The Design Museum ist Kooperationspartner im internationalen Forschungsprojektes

Ein Kinderfriseur-Spieleset, eine Gießkanne aus den 60er Jahren, ein elektrisches Fußpflegeset im Space-Age Design und ein eiförmiger Gartenstuhl: Diese und viele weitere Alltagsgegenstände aus der ehemaligen DDR stehen im Mittelpunkt des Forschungsprojekts „German Democratic Plastics in Design“. Das Getty Conservation Institute (GCI) in Los Angeles, die Neue Sammlung – The Design Museum in München, das Wende Museum of the Cold War in Los Angeles und die TH Köln wollen in dem Vorhaben Fragen im Zusammenhang mit der Herstellung, Gestaltung und Erhaltung von Kunststoffprodukten der DDR-Zeit untersuchen.

Hintergrund
Seit den 1950er Jahren entwickelte sich die DDR zu einer der führenden kunststoffproduzierenden Nationen, die ihre Produkte in fast alle Länder des Ostblocks und über verdeckte Kanäle sogar in den Westen exportierte. Ideales Terrain für ein solches Forschungsprojekt: Eine zeitlich befristete Periode von knapp 40 Jahren, die regional begrenzt und perfekt dokumentiert ist.
Das vorliegende Forschungsprojekt befasst sich speziell mit der Identifizierung von Produktionsprozessen und Technologien von Kunststoffen, die in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zwischen 1949 und 1990 zur Herstellung von Industriedesign eingesetzt wurden, deren Abbaumechanismen und möglichen präventiven und aktiven Maßnahmen.

Zielsetzung
Bislang hat sich die Konservierungswissenschaft hauptsächlich auf den Einfluss der chemischen Struktur eines Kunststoffs auf sein Alterungsverhalten fokussiert. Die Einflüsse der Herstellungsbedingungen wurden bislang weitestgehend vernachlässigt. Obwohl die Ingenieurwissenschaften im Rahmen der Qualitätssicherung entsprechend relevante Daten erheben, gibt es nur wenige oder keine Schnittstellen zwischen den beiden Disziplinen (Konservierungswissenschaften / Ingenieurwissenschaften). Das vorliegende Projekt zielt darauf ab, diese Lücke zu schließen und durch eine systematische Untersuchung und Bewertung eines zeitlich und geographisch geschlossenen Produktionsraumes diesen Zusammenhang zu klären, Materialien zu identifizieren und zu charakterisieren und aus den erhobenen Daten Behandlungsempfehlungen zu generieren.
In diesem Forschungsprojekt werden zwei der wichtigsten und umfangreichsten Sammlungen auf diesem Gebiet untersucht, dokumentiert und verglichen. Das Wende Museum in Los Angeles und Die Neue Sammlung – The Design Museum in München haben mehrere tausend DDR-Kunststoffobjekte aus dem Bereich Alltagskultur in ihren Sammlungen. Eine systematische Untersuchung und Bewertung dieser Objekte findet parallel an beiden Standorten statt und verspricht neue Erkenntnisse sowohl hinsichtlich der Produktionsgeschichte als auch der Materialverwendung und Alterung. Das Getty Conservation Institute begleitet diese Untersuchungen systematisch und analytisch und leistet mit seiner Expertise auf dem Gebiet der Kunststoffkonservierung und -identifizierung wesentliche Unterstützung. Der vierte Kooperationspartner ist das Institut für Konservierungswissenschaften der TH Köln, das in einem Forschungsprojekt zum Thema DDR-Kunststoffe von 2009 – 2011 im Wesentlichen die sozialgeschichtlichen Hintergründe der Kunststoffproduktion in der DDR erforscht und dokumentiert hat.
Das Projekt wird von einem Expertentreffen und einer abschließenden Fachtagung begleitet. Die Forschungsergebnisse werden international publiziert (Schriftenreihe des Getty Conservation Institute) und abschließend in einer Ausstellung präsentiert (Wende Museum, Los Angeles / Pinakothek der Moderne, München; Arbeitstitel: „Haus der Kunststoffe“).

Partner

Getty Conservation Institute (GCI)
Tom Learner (Head of Science)
Anna Laganà (Senior Research Specialist)
Joy Mazurek (Associate Scientist)

Das Getty Conservation Institute (GCI) arbeitet international, um die Konservierungspraxis in der bildenden Kunst voranzutreiben – im weitesten Sinne des Wortes, um Objekte, Sammlungen, Architektur und Stätten einzubeziehen. Das Institut dient der Konservierungsgemeinschaft durch wissenschaftliche Forschung, Aus- und Weiterbildung, Feldprojekte und die Verbreitung von Informationen. In all seinen Bestrebungen schafft und liefert das GCI Wissen, das zur Erhaltung des kulturellen Erbes der Welt beiträgt.

Cologne Institute of Conservation Sciences
Friederike Waentig (Professor Conservation)
Ester Ferreira (Professor Conservation Science)

Die TH Köln zählt zu den innovativsten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. Sie bietet Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland ein inspirierendes Lern-, Arbeits- und Forschungsumfeld in den Sozial-, Kultur-, Gesellschafts-, Ingenieur- und Naturwissenschaften. Zurzeit sind rund 27.000 Studierende in etwa 100 Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben. Die TH Köln gestaltet Soziale Innovation – mit diesem Anspruch begegnen wir den Herausforderungen der Gesellschaft. Unser interdisziplinäres Denken und Handeln, unsere regionalen, nationalen und internationalen Aktivitäten machen uns in vielen Bereichen zur geschätzten Kooperationspartnerin und Wegbereiterin.

Wende Museum
Joes Segal (Chief Curator)
Christine Rank (Head of Collections)

Das Wende Museum ist ein Kunstmuseum, ein historisches Archiv des Kalten Krieges und ein Zentrum für kreatives, gesellschaftliches Engagement, das Veränderungen erforscht und anregt. Gegründet 2002, beherbergt das Wende Museum eine einzigartige Sammlung von Kunst und Artefakten aus dem Ostblock. Es fördert die vielschichtige Erforschung und Diskussion dieser Zeit. Benannt nach dem deutschen Wort ,Wende‘, das die Ära vor und nach dem Fall der Berliner Mauer beschreibt, dient das Museum als Grundlage für ein dynamisches Programm, das die politischen und kulturellen Veränderungen der Vergangenheit beleuchtet und persönliche und gesellschaftliche Veränderungen für die Zukunft anregt.


Die Neue Sammlung – The Design Museum
Tim Bechthold (Head of Conservation)
Josef Straßer (Chief Curator)

Die Neue Sammlung – The Design Museum gilt als das erste Designmuseum der Welt. Gegründet 1907 nach den Idealen des Deutschen Werkbundes, wurde es 1925 als offizielles staatliches Museum eingeweiht. Von Anfang an unterschied es sich von den Kunstgewerbemuseen der Zeit, indem es sich dezidiert der Moderne und damit dem zeitgenössischen Design widmete. Bis heute verfolgt das Programm der Neuen Sammlung diese ursprünglichen Ziele. Mit über 150.000 katalogisierten Objekten ist Die Neue Sammlung eine der größten und schönsten Designsammlungen der Welt. Ihre Restaurierungsabteilung gilt als eines der wichtigsten internationalen Zentren für die Konservierung von Designobjekten der Moderne. Internationale Anerkennung hat sie durch die Initiierung der Konferenzreihe und Postprints FUTURE TALKS erlangt.