4 Museen – 1 Moderne

Neue Ästhetik
Die Ästhetik der Moderne war geprägt durch eine weitreichende Abkehr von traditionellen Gestaltungsweisen und einer Hinwendung zu ahistorischen, technischen Prinzipien.
Besonders durchgesetzt haben sich einfache geometrische Formen sowie eine auf Weiß, Grau, Schwarz und die Primärfarben reduzierte Farbigkeit. In der Fläche wie im Raum verband sich Abstraktion mit Minimalismus und Eleganz.
Konstruktivistische Prinzipien fanden sich im Design und in der Malerei mit kräftigen Linien, die helle Flächen jeweils in Rechtecke oder Dreiecke teilten, oder in der Graphik mit verschieden großen, viereckigen Farbflächen, vielfach übereinander angeordnet.
Die Reduktion auf geometrische Formen prägte auch das Neue Bauen. Weiße kubische Häuser mit Flachdach, Fensterbändern, mit flexibel nutzbaren Räumen und Terrassen verbesserten die Lebensqualität durch Licht- und Luftzufuhr. Eine Sensation war das erste Kugelhaus der Welt in Dresden, eine Stahlkonstruktion mit einer metallischen Außenhaut.
Die Bewegungsmotive in Architektur und Design zeugten von einem Geschwindigkeitsrausch, der sich zugleich in dem Wunsch nach individueller Mobilität äußerte, wie das Motorrad Weiße Mars verkörpert.
Fotografien überführten Naturformen in die Abstraktion und ließen sie wie gewaltige, ausgreifende Skulpturen oder Architekturen erscheinen. Die Inszenierungen der Dinge in der experimentellen Werbefotografie wurden zu wesentlichen Merkmalen neusachlicher Fotografie.
Neue Materialien und Techniken
Die Moderne als kosmopolitische Bewegung mit ästhetischer wie sozialer und politischer Agenda verband auch der Glaube an die Möglichkeiten der Maschine und der industriellen Technik. Der Wunsch nach Transparenz, nach Licht, Luft und Öffnung, aber auch das Bedürfnis nach Hygiene führten in Architektur und Design zu bahnbrechenden Neuerungen. Gleichzeitig befreiten sich Kunst und Graphik weiter von traditionellen Zwängen und Einschränkungen, brachen mit überkommenen Formen und Strukturen.
Innovative Bauten aus Eisen, Stahlbeton und Glas entstanden. Stahlrohr, Aluminium und verformtes Sperrholz veränderten den Möbelbau. Kunststoffe wie Bakelit bildeten die Gehäuse der neuen Elektrogeräte.
Das Thema Transparenz wurde in der Skulptur und der Malerei aufgegriffen. Collagen und Fotomontagen etablierten sich. Die Fotografie entwickelte ästhetisch eine neue Bildsprache, unterstützte durch kleinere, handliche Kameras. Lichtdrucke wurden künstlerisch wieder entdeckt. Film und Kino, Radio und Rundfunk dominierten die Unterhaltung.
Die industrielle Massenproduktion, Standardisierung und Elektrifizierung standen der kunsthandwerklichen Herstellung, dem künstlerischen Schaffen gegenüber. “Fortschritt durch Technik” lautete das Motto.
Neue Institutionen
Institutionen leisteten als Ausbildungsstätten, Auftraggeber und Präsentationsorte einen maßgeblichen Beitrag zur Entwicklung und Verbreitung der Moderne. 1919 wurde in Weimar das Bauhaus gegründet. Die 1925 nach Dessau verlegte Kunstschule etablierte sich als überregional wegweisendes Labor und Bühne für neue Ideen und Gestaltungsweisen. Architektur, Bildkünste und Design sollten dabei konsequent mit den Anforderungen der Gegenwart in Einklang gebracht werden.
Eingang in die Lehre fand die Architektur am Bauhaus allerdings erst 1927. Wichtige Entwicklungen des Neuen Bauens vollzogen sich stattdessen in privaten Architekturbüros, in den städtischen Bauämtern von Frankfurt am Main, Berlin und Hamburg oder auch in der Bayerischen Postbauverwaltung.
Zu einem Zentrum für zeitgemäße Formgebung bildete sich ebenfalls die seit 1922 auf Burg Giebichenstein ansässige Kunstgewerbeschule in Halle heraus. Noch vor dem Bauhaus richtete die Schule 1927 eine Fachklasse für Fotografie ein.
Der Öffentlichkeit vorgestellt wurden die Werke der Moderne nicht zuletzt durch museale Einrichtungen wie die 1925 als autonome Abteilung für Gewerbekunst am Bayerischen Nationalmuseum gegründete Die Neue Sammlung.
Neue Gesellschaft
Aufgrund der Erlebnisse und Folgen des Ersten Weltkriegs schien in den Augen der Avantgarde eine grundlegende Verwandlung der Welt möglich. Es entstanden Manifeste unterschiedlicher Künstlergruppen, die sich mit der Idee eines neuen Menschen und einer neuen Gesellschaft befassten.
Das Ideal vom modernen Menschen und seine sozialkritische Analyse bildeten gegensätzliche Pole in Kunst und Fotografie. Die Suche nach einem idealisierten, auf Grundformen reduzierten Menschenbild steht im Kontrast zu einem sachlich-nüchternen Blick auf die Realität. Dazu gehören die Darstellungen von kriegsversehrten Männern oder Frauenporträts, die eine neue Freiheit und Selbstbestimmtheit spüren lassen.
Die Weimarer Republik sah die Schaffung von Wohnraum als staatliche Aufgabe an. Zu den neuen sozialen Bauaufgaben gehören Siedlungen, Erholungsheime oder Ledigenwohnungen. Für die Innenausstattung folgten soziale Möbelprogramme den Ansprüchen, preiswert, langlebig und flexibel einsetzbar zu sein. Exklusive Möbel entstanden wiederum in Anlehnung an die zukunftsweisenden Hochhäuser in den USA.
In Deutschland forderten die Auswirkungen des verlorenen Krieges, Weltwirtschaftskrise und Radikalisierung politischer Lager die Gesellschaft heraus. Letztlich begünstigte diese Zerrissenheit den Erfolg der nationalsozialistischen Bewegung, die ästhetisch dort die Moderne mit ihrer Ideologie instrumentalisierte, wo sie ihr nützlich war.